Was kaum jemand weiß: Große und/oder chronische Wunden essen mit. Deshalb ist die richtige Ernährung unglaublich wichtig. Sie kann nämlich die Heilung chronischer Wunden unterstützen und beschleunigen. Gleichzeitig wird das Immunsystem durch ausreichende und ausgewogene Ernährung gestärkt und das Infektionsrisiko verringert.
Grund für das „Mitessen“ der Wunde ist, dass der Körper für die Wundheilung neues Zellmaterial aufbauen muss. Und das geht nur, wenn dem Körper mehr Eiweiß (Protein), mehr Energie (aus Kohlenhydraten und Fetten) sowie auch mehr Nährstoffe wie Vitamine oder Mineralstoffe zur Verfügung gestellt werden. Die richtige Ernährung ist daher das A und O für eine ordentliche Wundheilung.
Chronische Wunde oder umfangreiche Verletzung?
Das braucht der Körper jetzt…
Energie
Bei Wunden aller Art (auch z.B. bei Dekubitus) sowie auch bei Tumoren, starker Verbrennung und schweren Verletzungen benötigt der Körper mehr Energie. Empfohlen werden 30-35 kcal/kg/KG/Tag („Kilokalorien je Kilogramm Körpergewicht je Tag“). Das ist so viel, wie ein Handwerker benötigen würde, der täglich mittelschwere bis schwere Tätigkeiten verrichtet und dabei auch häufig mehr als 25 kg heben muss. Bettlägerige Patienten und Patientinnen sollten etwas weniger zu sich nehmen (25-30 kcal/kg/KG/Tag).
Eiweiß
Wegen der Mehrbelastung durch die Wunde holt sich der Körper für die Wundheilung viel mehr Protein aus der Nahrung. Ist dort nicht genug enthalten, wird körpereigenes Eiweiß herangezogen, das dann unter anderem den Muskeln nicht mehr zur Verfügung steht. Das bedeutet: Unzureichende Proteinzufuhr führt zum Abbau von Muskeln und nachfolgend zu nachlassender Kraft. Wer mit einer großen oder chronischen Wunde belastet ist, kann sich den Verlust von Kraft nicht leisten. Hier muss rechtzeitig vorgebeugt werden.
Beim gesunden Menschen beträgt der tägliche Eiweißbedarf ca. 0,8 g/kg Körpergewicht. Bei Wundheilungsstörungen ist der Bedarf erhöht und liegt zwischen 1,2 – 1,5 g/kg Körpergewicht. Für die Entstehung von neuem Bindegewebe und den Aufbau von Kollagen benötigt der verwundete Körper zudem auch essentielle Aminosäuren wie Methionin, Cystein und Arginin, die im Allgemeinen bei ausgewogener Ernährung ausreichend zugeführt werden können.
Die wichtigsten Eiweißquellen
Milch und Milchprodukte, mageres Fleisch oder Fisch und Ei in Verbindung mit eiweißhaltigen pflanzlichen Produkten wie Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten und Soja.
Arginin ist besonders in Kürbiskernen, Pinienkernen, Walnüssen und Erbsen enthalten. Bei schweren Wundheilungsstörungen empfiehlt sich ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt. Er entscheidet dann, ob es Sinn macht, die wichtigsten Aminosäuren mit einer speziell angereicherten Zusatznahrung zu ergänzen. Proteine sollten rund 10 % der täglichen Nahrung ausmachen.
Kohlenhydrate
Kohlenhydrate sind unsere wichtigste Energiequelle und müssen in ausreichender Menge zugeführt werden, um auf die angestrebte Kalorienzahl zu kommen. Wenn dem Körper Kohlenhydrate fehlen, verbrennt er – wie zuvor schon gesagt -körpereigenes Eiweiß und das ist nicht gut. Weil Kohlenhydrate, die für die Wundheilung gut sind, den Blutzuckerspiegel erhöhen, müssen Diabetiker mit chronischen Wunden engmaschig überwacht werden.
Die wichtigsten Quellen für Kohlenhydrate
Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte sind hier vor allem zu erwähnen. Kartoffeln, Reis und Nudeln sind zudem häufig genutzte Quellen für Kohlenhydrate. Vollkornbrot sollte weißem Brot vorgezogen werden. Ballaststoffreiche Nahrung sollte bevorzugt werden. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr muss sichergestellt werden, damit es auf der Toilette geschmeidig bleibt. Kohlenhydrate sollten 50 % der täglichen Nahrung ausmachen.
Fett
Fette sind ein essentieller Bestandteil der Zellmembran und auch für die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen notwendig. Wichtig sind dabei vor allem mehrfach ungesättigte Fettsäuren in Form von Omega 3 und Omega 6. Omega-3-Fettsäuren können zudem entzündliche Prozesse hemmen und beeinflussen die Blutgerinnung positiv.
Die wichtigsten Quellen für Fette
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind in pflanzlichen Ölen, Butter und Seefischen enthalten. Weitere wichtige Fettlieferanten sind Nüsse aller Art. Eine Deckung des Bedarfs ist auch mit Fischölkapseln möglich. Fette sollten 30 % der täglichen Nahrung ausmachen.
Vitamine und Mineralstoffe
Vitamine werden in fettlösliche (Vitamin A, D, E, K) und wasserlösliche (Vitamin B-Gruppe und Vitamin C) eingeteilt.
Der Zusammenhang zwischen einem unzureichenden Vitaminstatus und dem Vorliegen diabetischer Fußulzerationen und/oder einer verzögerten Wundheilung wurde 2021 definitiv nachgewiesen. Patientinnen und Patienten mit diabetischem Fußsyndrom wiesen geringere Spiegel von Vitamin C, E und Selen auf. Außerdem ergab sich ein Zusammenhang mit dem Mangel an Vitamin B12, Folsäure (ein Vitamin der B-Gruppe) sowie den Vitaminen D, A und E mit einer schlechten Wundheilung.
Da sind Vitamine und Mineralstoffe drin
Vitamin A
Die Vorstufe von Vitamin A (Betakarotin) ist in den meisten Gemüsesorten mit orange-roter Färbung enthalten, wie z.B. in Karotten, Kürbis oder roten Paprika.
Vitamine der B-Gruppe
Die Vitamine der B-Gruppe sind in Vollkornprodukten, Frühstückscerealien, Hefe, Innereien und in grünen Gemüsesorten enthalten. Vitamin B12 findet man fast ausschließlich in tierischen Nahrungsmitteln und da vor allem in der Leber.
Vitamin D
Fettreiche Fische, wie Makrele, Lachs oder Hering sind besonders gute Vitamin-D-Lieferanten. Etwas weniger Vitamin D kann man aus Leber, Innereien oder Eiern beziehen.
Vitamin E
Besonders viel Vitamin E steckt in pflanzlichen Ölen (vor allem Weizenkeimöl, Sonnenblumenöl und Rapsöl), Nüssen, beispielsweise Erdnüssen, Haselnüssen und besonders Mandeln sowie Samen wie etwa Sonnenblumenkernen. Auch grüne Gemüse wie Spinat und Broccoli enthalten Vitamin E.
Vitamin K
Vitamin K kommt vor allem in Sauerkraut, Rosenkohl, Rotkohl, Hühnerinnereien, Spinat und Sonnenblumenöl vor.
Eisen
Der Eisenbedarf kann über Fleisch und grüne Gemüsesorten gedeckt werden. Vitamin C fördert die Aufnahme von Eisen, Schwarzer Tee kann vermindert die Aufnahme.
Zink
Besonders zinkhaltige Nahrungsmittel sind Muskelfleisch sowie Innereinen, aber auch Milch, Eier und Käse. Bei den pflanzlichen Nahrungsmitteln haben Vollkornprodukte, Karotten und Kartoffeln einen hohen Zinkgehalt.
Selen
Gute Quellen für Selen sind u.a. Fleisch, Fisch und Eier sowie Pilze, Kohl- und Zwiebelgemüse, Linsen, Spargel und Nüsse, insbesondere Paranüsse.
Flüssigkeit
Bei chronischen Wunden ist der Flüssigkeitsbedarf erhöht. Der Flüssigkeitsverlust über das Wundexsudat darf dabei nicht unberücksichtigt bleiben. Zeichen für einen Flüssigkeitsmangel („Dehydration“) können Gewichtsveränderungen, Veränderungen der Harnmenge, Hautveränderungen oder erhöhte Natrium-Serumwerte sein. Dehydration verringert zudem die Bereitstellung von Sauerstoff und Nährstoffen für die Wunde. Ein Schnelltest, der Flüssigkeitsmangel anzeigt:
Drücken Sie die Haut am Handrücken oder Unterarm zu einer Hautfalte zusammen. Bei ausreichender Flüssigkeit im Körper glättet sich die Haut nach dem Loslassen unmittelbar wieder, während die Falte bei einem Flüssigkeitsmangel mehrere Sekunden stehen bleiben kann.
Eine Faustformel für die Deckung des täglichen Flüssigkeitsbedarfs fordert 30 ml/kg/KG (1/3 aus Nahrung + 2/3aus Getränken).
Flüssigkeitsquellen
Wasser, Kräutertee und Saftschorle können als Getränke empfohlen werden. Nahrungsmittel mit besonders hohem Flüssigkeitsanteil sind Gurken, Melonen und Tomaten sowie alle Arten von Suppen.
Praktische Empfehlungen
Für viele Menschen ist es nicht einfach, sich von unliebsamen Ernährungsgewohnheiten zu lösen und oft will eine Umstellung des Ernährungsplans auch nicht so richtig in den Tagesablauf passen. Hier ein paar Ideen, die geeignet sind, ein wenig gesunde Struktur in die Ernährung zu bringen:
- Zu jeder Mahlzeit eine Proteinquelle servieren.
- Mindestens zwei Portionen Obst und/oder Gemüse pro Tag essen.
- Pflanzenöle beim Braten, in Salaten und in Marinaden verwenden.
- Die Portionsgrößen können gleich bleiben, aber die Häufigkeit der Mahlzeiten sollte bei Wunden durch Zwischenmahlzeiten erhöht werden.
- Zu jeder Mahlzeit und zu jeder Zwischenmahlzeit eine ausreichende Menge trinken.
- Täglich ein paar Pekannüsse essen. Sie enthalten Eiweiß, ungesättigte Fette, Vitamin E, Zink, Magnesium und viele weitere Nährstoffe. Pekannüsse können übrigens auch dazu beitragen, das Herz-Kreislauf-System zu stärken, den Cholesterinspiegel zu regulieren und das Risiko von Herzerkrankungen zu reduzieren.
Wenn Sie einen Ernährungs- oder Flüssigkeitsmangel bei sich oder Ihren betroffenen Angehörigen bemerken oder sich unsicher sind, ob Ihre Ernährungsgewohnheiten die Wundheilung ggf. beeinträchtigen, sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt darüber.